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Ein schräger Blick und seine Folgen

Ein schräger Blick und seine Folgen
Ein schräger Blick und seine Folgen

Weshalb ein schräger Blick genügen kann, uns in schlechte Stimmung zu versetzen und was wir dagegen tun können. 

Kennst du das auch? Froh gelaunt gehst du durch deinen Tag, willst noch ein paar Einkäufe erledigen, stellst dich an der Kasse in die Warteschlange und da schubst dich von hinten die nächste Kundin mit ihrem Einkaufswagen an. Dazu schaut sie dich noch vorwurfsvoll an.

Schnell checkst du ab, was du falsch gemacht hast: Du überlegst, ob du deine Einkäufe auf dem Laufband nicht nachgeschoben habst oder du den Warentrenner nicht hingelegt hast, damit die Nachfolgende zügig ihre Einkäufe auch ordentlich platzieren kann. Ob du vor dich hin geträumt hast oder am Ende deine Bonuskarte nicht schon gezückt bereit hältst, damit die Kassierin flink deine Daten erfassen kann, wenn du dann endlich an der Reihe sein wirst.

Nach dieser Milli-Sekunden-Analyse denkst du: Alles gut und kannst dir diesen Blick nicht erklären. Was aber bleibt, ist ein schales Gefühl von undefinierter, plötzlich auftretender schlechter Laune und dabei hat sich der Tag im Grunde ganz gut angefühlt.

„Das hat nichts mit Miesepetrigkeit zu tun“

Die aktuelle Hirnforschung erklärt uns, was da los ist. Dein Hirn hat dir ein Schnäppchen geschlagen: Wir alle sind darauf konditioniert, unangenehme Situationen wie durch eine Lupe vergrössert wahrzunehmen. Das hat nichts mit Miesepetrigkeit zu tun, sondern mit evolutionär bedingter Entwicklung.

Um unser Überleben zu sichern, war es in früheren Zeiten unabdingbar wichtig, sofort auf Gefahren, Unstimmigkeiten, kurz, Bedrohungen jeder Art schnell zu reagieren. Die Bedrohungen waren gefährlich und sehr real. Raubtiere waren wirklich eine Gefahr und auf einen Angriff mit einem Lächeln zu reagieren, wäre das Todesurteil gewesen.

Rick Hanson spricht in seinen Forschungen zur Neuroplastizität, zur Veränderbarkeit der Hirnstrukturen, über dieses Phänomen vom sogannten Kletthirn und vom Teflonhirn. Gute Erfahrungen plätschern an uns ab wie an Teflon und schlechte bleiben haften wie an Klett. Oder anders ausgedrückt: Unser Hirn hält ständig Ausschau danach, was uns bedrohen könnte. Selbst heute noch im Supermarkt, wo wir alle wissen, es lauern nicht wirklich lebensbedrohliche Gefahren.

„Das Alarmsystem aus frühesten evolutionären Zeiten ist aktiviert“

Es hat also nicht nachhaltig geholfen, dass du auf deiner Einkaufstour umgeben von guten Erfahrungen warst. Dir sofort ein Einkaufswagen zur Verfügung stand, du beim Wiegen deines frischen Gemüses den Vortritt erhalten hast, deine Lieblingspasta in Aktion zu haben war und du dich auf einen ruhigen Abend im Kreis deiner Lieben freuen konntest. Nein, der schräge Blick der Kundin hinter dir hat dein Alarmsystem dermassen aktiviert, dass du mit schlechter Stimmung aus dem Laden kamst.

Nun, es gibt eine gute Nachricht. Es wird uns von den Forscher:innen zur Neuroplastizität mitgeteilt. Unser Hirn ist in der Lage, neue Verknüpfungen herzustellen und dadurch die reflexartigen Antworten auf unangenehme Situationen in Bann zu halten. Durch Bewusstsein und Übung können wir unsere Hirnstruktur trainieren und verändern.

Es kommt nicht von heute auf morgen, aber es kommt und wir können es uns zur Gewohnheit machen. Durch bewusstes Wahrnehmen und Auskosten der angenehmen Momente kommen wir allmählich dazu, die unangenehmen Momente, die vermeintlichen Bedrohungen, nicht mehr im Scheinwerferlicht wahrzunehmen. Erfahrungen, die eigentlich Bagatellen sind, können uns nicht mehr die gute Laune rauben – oder wenigstens nur für kurze Zeit.

„Einen schönen Tag wünsche ich dir“

Versuche es: Halte Ausschau nach den angenehmen Erfahrungen während deines nächsten Einkaufs, auf die glücklichen Zufälle, auf das, was dir gut tut. Sammle diese Momente wie deine Bonussammelpunkte und du wirst mit allfälligen ungemütlichen Eindrücken in der Warteschlange, selbst am Samstagnachmittag, geschmeidig und locker fertig und beachtest dann sicherlich auch, wie dir die Frau an der Kasse auch in grösster Hektik noch einen schönen Tag wünscht.

Wenn du es ausführlicher lesen willst, gehe zum Artikel 5 Sekunden für die Ewigkeit.

Hier gibt es weitere Informationen zu Rick Hanson und Neuroplastizität

https://www.rickhanson.net (englisch)

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9 Antworten auf „Ein schräger Blick und seine Folgen“

Lieb Dor
Das Kapitel „Schräger Blick“ ist ein wunderbares Thema dass mir so noch nicht Bewusst war. Eines Tages an der Kasse war ich offensichtlich für eine Kundin hinter mir zu langsam und sie warf mir einen „schrägen Blick“ zu. Automatsch fange ich an zu hasten…. Dein Artikel hatte ich ja noch frisch im Hinterkopf, da fiel mir ein Spruch ein, denn ich mal gelesen habe “ Wer blind durchs Leben rennt sieht die Schönen u Wertvollen Dinge nicht die Unserem Körper Seele und Geist gut tun “ Ich wollte es laut sagen, getraute mich aber nicht.
Mit Diesem Gedanken ging ich fröhlich und gut gelaunt nach Hause.

Danke lieb Dor für Deine Super Themen, die ich sehr gerne lese und vieles mit andern Auge sehe und dabei noch vieles lerne was mit gut tut. E ganz liebe Gruss Margrith m Cindy

Lieb Dor
Ja, sehr spannend, wie wir unsere Wahrnehmungen bewerten und welche welches Gewicht bekommen.
Du kennst sicher auch die Neurowissenschaftlerin Maren Urner. Ich habe mal ein sehr spannendes Interview mit ihr gehört. Da hat sie sich genau zu diesen Denkmustern geäussert und stellt auch Bezüge her zur Informationsflut mit vorwiegend schlechten Nachrichten – und was das mit uns macht.
Ein spannendes Organ – unser Gehirn…
Danke für diesen tollen Artikel!
Herzlich Esther

Liebe Esther
Sehr herzlichen Dank für deinen spannenden Kommentar. Du sprichst ja so etwas Wichtiges an mit der Informationsflut an vorwiegend schlechten Nachrichten. Da hilft es schon zu wissen, was es mit uns macht, wie wir einen bekömmlichen Umgang damit finden und uns sogar anders ausrichten können ohne etwas zu verpassen. Herzlich Dor

Liebe Doris,
einfach wunderbar von dir zu lesen. Vielen Dank. So ein guter Berricht. Erlebt habe ich das schon oft aber keine wirklich vernünftige Erklärung dafür gehabt.
Werde deine Erklärung im Geist halten für die nächsten “ Angriffe“

Liebe Grüsse
Ute

Liebe Doris,
was für ein interessanter Artikel! Vor allem das mit dem „Kletthirn“ und dem „Teflonhirn“ finde ich sehr spannend. Da werde ich die nächsten Tage doch mal ganz bewusst durch meinen Alltag gehen und darauf achten, was in meinem Hirn hängen bleibt.

Herzliche Grüße
Petra

[…] Dankbarkeit lenkt die Aufmerksamkeit auf das Positive und stärkt es! Leider richten wir Menschen unseren Fokus meistens eher auf Negatives. Hier kann man einmal ganz bewusst den Unterschied spüren und sehen, dass man durch die Ausrichtung der Aufmerksamkeit sein Befinden auch selber beeinflussen kann. Doris Lötscher hat zu diesem Thema übrigens diesen schönen Artikel geschrieben: „Ein schräger Blick und seine Folgen“. […]

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